Übersetzungspolitik in/für Belgien 1792-1814 im Sprachenpaar Französisch-Niederländisch, mit besonderer Berücksichtigung der flämischen Departements Schelde (Escaut) und Leie (Lys)

Projektzeitraum: 2014-2019

Projektmitarbeiter*innen: Michael Schreiber (Projektleitung), Caroline Ingelbeen (wissenschaftliche Mitarbeiterin)

Das Projekt befasst sich mit amtlichen Übersetzungen juristischer, administrativer und politischer Texte aus dem Französischen ins Niederländische (Flämische) während der Besatzung bzw. Annexion Belgiens durch Frankreich. Im Gegensatz zu dem von Historiker*innen und Linguist*innen häufig vertretenen Topos einer vollständigen, administrativen und sprachlichen Französisierung Flanderns während dieser Epoche zeigte sich, dass amtliche, von staatlichen Behörden herausgegebene, meist in zweisprachiger Form publizierte Übersetzungen keineswegs ein vernachlässigbares Phänomen sind.

In verschiedenen Archiven und Bibliotheken konnten über 1100 Dokumente erhoben worden, davon allein ca. 500 im Stadtarchiv Brügge. Die Dokumente wurden fotografiert, die graphisch variantenreichen Texte manuell erfasst und in eine öffentlich zugängliche Datenbank eingegeben. Die Datenbank enthält neben verschiedenen bibliographischen Daten die erfassten Volltexte, die durchsucht werden können.

Bei der Analyse der Übersetzungen fiel auf, dass sie in aller Regel sehr „wörtlich“ sind. So wurde die in vielen Rechts- und Verwaltungstexten enthaltene Ein-Satz-Struktur in den flämischen Übersetzungen übernommen. Es kann vermutet werden, dass die französischen Texte und deren Übersetzungen dazu beigetragen haben, dass sich die Ein-Satz-Struktur in verschiedenen Textsorten der französischen und niederländischen Rechtssprache Belgiens tradiert hat.

Auch im Bereich der politischen Rhetorik wurden die sprachlichen Mittel der französischen Texte in den Übersetzungen wörtlich übernommen. Für den lexikalischen und phraseologischen Bereich ist eine Beeinflussung der späteren Rechtssprache dagegen unwahrscheinlich, da die Übersetzungen in lexikalisch-phraseologischer Hinsicht sehr uneinheitlich sind. Der große Variantenreichtum hängt vermutlich nicht nur mit einer noch fehlenden Standardisierung der niederländischen Rechtssprache in Belgien zusammen, sondern auch mit dem Entstehen der regional und lokal angefertigten Übersetzungen, die im Unterschied zu den in den nationalen Übersetzungsbüros in Paris erstellten Übersetzungen weniger stark professionalisiert waren. Zum Gelingen des Projekts trugen verschiedene Kooperationspartner bei, u. a. Prof. Dr. Lieven D’hulst (KU Leuven) und Prof. Dr. Peter Gilles (Universität Luxemburg).

Datenbank des Projekts

Programm des Projektworkshops